"Faymann, wach auf": Erneut landesweite Studentenproteste
Rund eine Woche nach den Großdemos der Studenten, findet heute ein landesweiter "Aktionstag" statt. Um 10 Uhr läutete die ÖH Kanzler Werner Faymann bereits symbolisch aus seinem "bildungspolitischen Schlaf". Aktionen in fast allen Universitätsstädten folgen im Laufe des Tages.
Innsbruck/Wien - Zwei Wochen nach Beginn der Besetzung von Hörsälen an österreichischen Universitäten und rund eine Woche nach einer Großdemo protestieren am Donnerstag erneut Studenten im ganzen Land. Die Besetzer des Audimax der Uni Wien haben zu einem österreichweiten "Aktionstag Freie Bildung für alle" aufgerufen.
Auftakt dafür war um 9 Uhr eine von der SP-nahen Aktion Kritischer SchülerInnen (AKS) Wien veranstaltete Kundgebung vor dem Unterrichtsministerium, wo sich aber nur rund 60 Teilnehmer einfanden. Die Demonstranten skandierten u.a. "Geld für die Bildung, nicht für die Banken" und "Widerstand heißt Streik im Land". Insgesamt waren beinahe so viele Journalisten versammelt wie Protestteilnehmer.
Mit Weckern vor das Bundeskanzleramt
Den Auftakt zum "Aktionstag" bildete der Protest
der SP-nahen "Aktion kritischer Schüler" vor dem
Unterrichtsministerium in Wien. Bild: APA
Um 10 Uhr hat dann die Österreichische Hochschüler- Innenschaft (ÖH) Kanzler Werner Faymann (S) symbolisch aus seinem "bildungspolitischen Schlaf" geläutet. Ausgestattet mit rund 50 Weckern zogen die Demonstranten vor das Bundeskanzleramt, um um Punkt 10 Uhr alle gleichzeitig klingeln zu lassen.
ÖH-Chefin Sigrid Maurer ortet seit "zehn bis 15 Jahren eine schwarze Bildungspolitik, die das Land zerstört", und die SPÖ schaue zu. Von Wissenschaftsminister Johannes Hahn (V) erwartet die ÖH nichts mehr. Daher müssten Kanzler und Vizekanzler die Sache in die Hand nehmen, um die katastrophale Situation an Schulen und Unis zu entschärfen. "Faymann, wach auf!", forderte Maurer. "Kümmere Dich um dieses wichtige Thema für die Zukunft Österreichs."
"Sit-in" vor Hahns Büro
Zusätzlich haben rund 70 Studenten der Theater-, Film- und Medienwissenschaften ein "Sit-In" vor dem Büro des - abwesenden - Wissenschaftsministers Hahn (V) veranstaltet. Nachdem sie sich zuvor im zweigeteilten Ministerium verirrt und versehentlich vor dem Büro von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S) gelandet waren, diskutierten die Studenten mit Hahns Kabinettchef Elmar Pichl. Die Studenten wollten aufzeigen, dass sie keinen Platz zum studieren hätten.
Großer Sternmarsch am Nachmittag
Am Nachmittag steht als Höhepunkt ein Sternmarsch von vier Wiener Unis zum Urban-Loritz-Platz auf dem Programm, die Schlusskundgebung soll gegen 18 Uhr stattfinden. Es wird mit erheblichen Verkehrsbehinderungen gerechnet.
Kurzfristig abgesagt wurde hingegen eine ab 11 Uhr vor der Uni Wien geplante gemeinsame Kundgebung von Schülern und Studenten. Bereits nach fünf Minuten wurde die Bühne neben dem Eingang zur Uni wieder abgebaut. Es gab keine Reden, nicht einmal die Besetzer des Audimax kamen bei nasskaltem Wetter nach draußen.
Proteste auch in Innsbruck, Linz und Graz
Auch in Innsbruck fiel eine Protestaktion der SoWi-Besetzer eher dürftig aus. Nur rund 40 Studenten beteiligten sich an einer spontanen Demo in der Altstadt. Der kleine Tross zog anschließend zur Hauptuni weiter.
In Graz startete der "Aktionstag" zu Mittag am Hauptplatz mit mehreren Aktionen: Zu den auffallendsten gehörte die zweiminütige Blockade der Hauptbrücke durch Studierende: Rund 50 Personen verharrten auf Zupfiff zwei Minuten mit einem Buch in der Hand und sorgten damit für Irritation bei den Passanten. Ab 16 Uhr zieht ein Demo-Marsch von der Grazer Uni Richtung Innenstadt.
In Linz ist für 17.30 ein Protestmarsch vom Volksgarten zum AEC Platz geplant.
Solidaritätsbewegung in Deutschland
Auch immer mehr deutsche Studenten solidarisieren sich mit den Protesten. Am Mittwoch haben Studenten das Audimax der Uni Münster besetzt und verwiesen per Transparent auf die Proteste im Nachbarland: "Österreich macht's vor. Besetzt die Unis - Bildet euch selbst".
Schon am Dienstag wurden an der Uni Heidelberg zwei Hörsäle von Studenten in Beschlag genommen - als "Reaktion auf die österreichischen Proteste", heißt es auf der Internetseite zu den Protesten (
http://www.unsereunis.de/).
Ebenfalls am Dienstag wurde in Berlin ein "friedlicher Soli-Flashmob" veranstaltet, bei dem weiß gekleidete Aktivisten die Schilder der Wiener Straße, der Salzburger Straße und der Innsbrucker Straße mit Zetteln und Klebeband um den Zusatz "Uni brennt" erweiterten. (red/APA)